Wie Unternehmen Personalentwicklung zukunftssicher gestalten und High Potentials an sich binden

Sie wollen genau wissen, wo die Wege Ihrer Mitarbeiter:innen hinführen? Verabschieden Sie sich von diesem Gedanken! Ihr Ass im Ärmel heißt Agilität. Menschen verändern sich, entdecken neue Interessen und Talente. Enge Strukturen und starre Stellenprofile ersticken Weiterentwicklung und Potenziale. Der Weg zu erfolgreichem Talentmanagement läuft also nicht über die Vorgabe oder Planung von Karrieren, sondern darüber, dass das Topmanagement seinen Mitarbeitenden Lernprozesse und Entwicklung ermöglicht. Stichwort „Co-Creation“ statt Wasserfall-Konzeption.

 

In diesem Prozess steht neben dem transparenten Austausch zwischen Führungskräften der Dialog auf Augenhöhe im Fokus. Wenn Unternehmen beispielsweise spannende Weiterentwicklungsoptionen wie cross-funktionale und cross-nationale Wechsel anbieten, locken spannende Herausforderungen, von denen Talente wichtige Erfahrungen mitbringen. So lässt sich sukzessive ein systematisches Talentmanagement aufbauen, in dem Personalentwicklungsformate Stück für Stück Form annehmen.

 

Raum für Talent und Transparenz

Wer aktuell nach Talenten sucht, weiß um die Relevanz, seine Personalentwicklung modern und attraktiv zu gestalten. Dabei gilt es, intern die Augen offen zu halten und im Austausch zwischen Führung, HR-Abteilung und Mitarbeitenden zu sein, um Talente frühzeitig zu erkennen, zu fördern und zu binden. Nur so können Unternehmen Arbeitsleistung und -zufriedenheit steigern und Fluktuation entgegenwirken. So flexibel die Möglichkeiten für Mitarbeitende sein sollten, so hilfreich ist die Bereitstellung eines systematischen Prozesses und diagnostischer Methoden. Ich nenne sie die Talentpipeline. Sie lässt sich aber auch ausgezeichnet als Kreislauf darstellen.

 

Zu Beginn (und immer wieder im Verlauf) der agilen und systematischen Personalplanung sollte die Frage stehen, an welchen Stellen zukünftig hochqualifiziertes Personal benötigt wird. Mit einem offenen Blick im Unternehmen lassen sich Talente innerhalb und außerhalb langfristig identifizieren und gewinnen. Der nächste Schritt wäre die Vorbereitung und Entwicklung: Was brauchen die Mitarbeitenden, um ihr Potenzial voll zu entfalten? Im weiteren Verlauf können die Talente sukzessive an den Stellen eingesetzt und begleitet werden, wo ihre Stärken gut zu den Arbeitsanforderungen passen. Dieser Fit sollte durch Evaluierung und Weiterentwicklung immer wieder überprüft werden: Durch einen Ist-Soll-Abgleich lässt sich der Talentmanagementprozess so immer wieder nachjustieren.

 

Individuell und passgenau planen

Unternehmen unterscheiden sich inhaltlich, in Arbeitsweise und Kultur. Umso wichtiger, dass die Talentpipeline dazu passt. Zu Beginn eines jeden Talentmanagementprozesses steht also die Definition einer individuellen Strategie, die Belegschaftsstruktur, Personalbedarf und Schlüsselpositionen definiert. Um derlei Prozesse zu erleichtern, gibt es Tools wie beispielsweise die 9-Box-Grid von McKinsey, mit deren Hilfe Talente in Bezug auf Potenzial und Leistung definiert werden. Mit einem solchen Überblick ausgestattet, lassen sich Programme gestalten, um die ausgewählten Mitarbeiter:innen weiterzuentwickeln und sichtbar zu machen.

Für eine erfolgreiche Umsetzung sollten sämtliche Stakeholder (Führungskräfte, Betriebsrat, Kommunikation und operatives HR) in diesen Prozess eingebunden werden. Insbesondere das Topmanagement sollte hinter der Strategie stehen und sie aktiv in der Umsetzung fördern.

 

Wie sich eine solche Strategie in der Praxis umsetzen lässt, lesen Sie in meinem dritten Blogbeitrag zum Thema. Sie können nicht warten? Dann melden Sie sich gern bei mir: mp Executive Coaching & Organisational Development: mail@marion-pohl.com

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Führung 4.0 ist nichts für Anfänger

Vertrauen halten, Teambuilding voranbringen, Erfolge honorieren – wie geht das virtuell?

Im Zuge meiner Blogserie „Virtuelle Führung“ setze ich mich mit unterschiedlichen Aspekten von Zusammenarbeit auf Distanz auseinander. Impuls dafür ist u.a. meine Tätigkeit als Dozentin an der FOM Hochschule für Ökonomie und Management. Aber natürlich hat auch Corona dazu beigetragen, dass das Thema in den Fokus rückte. Denn so folgenreich wie die Pandemie weltweit war, hat sie auch die Arbeitswelt nachhaltig verändert.

Das Überraschende daran: Die Bandbreite zwischen Herausforderungen und Chancen ist groß – vom Informationsverlust bis zu mehr Kompetenzen für die Mitarbeiter*. Im Gespräch mit meinen Klientinnen konnte ich die wichtigsten Veränderungen noch besser greifen und ihre Praxistipps im Verlauf meiner Blogserie „Virtuelle Führung“ weitergeben, ganz gleich, ob sie Meetingstrukturen betrafen oder Softwareempfehlungen. Wie lassen sich also Führungskräfte fit machen für diese veränderte Arbeitswelt?

Aus den Augen, aus dem Sinn?

Kontakt zu halten, ohne persönlichen Kontakt zu haben, ist ein Spagat. Führungskräftetrainings sollten also einen starken Fokus auf das menschliche Miteinander haben. Wie lässt sich Engagement und Bindung zu den Mitarbeitern ausbauen und etablieren? Beginnen wir mit dem Einfachen: Meine Klienten empfehlen mindestens alle zwei Wochen, besser noch einmal pro Woche ein persönliches (Video-)Telefonat, auch wenn gerade keine konkreten Aufgaben zu besprechen sind.
Dabei darf es durchaus um Privates gehen:

„Ich habe ein gemischtes Team bestehend aus jüngeren Kollegen und älteren, erfahrenen Kollegen. Die jüngeren brauchen mehr Führung, die älteren sind eher Krisen-erprobt. Pro Mitarbeiter wende ich mehr Zeit auf als früher: Ich telefoniere regelmäßig alle zwei Wochen mit dem Team, was sehr viel zeitaufwendiger ist: 28 Leute à 30 min. Langfristige Entwicklungsgespräche waren kaum möglich, da es während und nach Corona auch um einen „Überlebenskampf“ geht. Ein Mitarbeiter beispielsweise war zu 100 Prozent in Kurzarbeit. Er war verunsichert, hatte Angst vor der Entlassung. Diese Themen und Emotionen müssen jetzt besondere Aufmerksamkeit bekommen. Eine weitere Herausforderung ist es, die Einzelkämpfer abzuholen und mit ihnen im Kontakt zu bleiben und auch Raum für private Dinge einzuräumen.“

(BW, Regionalmanager für ein Consulting Team in der IT-Branche)

Für solche Gespräche mit Spannungspotenzial braucht es Fingerspitzengefühl und Sensibilität – gerade, wenn die nonverbalen Zeichen sich nicht deuten lassen, z.B. am Telefon. Bei einem Videotelefonat lassen sich diese besser erkennen und darauf reagieren.

„Man sollte Wert darauf legen, wirklich situativ zu führen und auf die verschiedenen Persönlichkeiten einzugehen. Ich bemühe mich darum, auf Augenhöhe zu agieren und vermeide Formulierungen, die ein Chef-Mitarbeiterverhältnis verdeutlichen. Mir helfen Perspektivwechsel, um mich in die Mitarbeiter einzufühlen. Das schaffe ich auch über gemeinsame Themen, indem wir Familiäres und Persönliches wie Kinderbetreuung besprechen. Wichtig ist es, Raum zu geben für die Themen, die einzelne bewegen, ihnen auf dem Herzen liegen. Die Kommunikation darf schon auch mal flapsig sein, weggehen von den harten Fakten.“

(BW, Regionalmanager für ein Consulting Team in der IT-Branche)

Und wie lässt sich in größerer Runde gewinnbringend kommunizieren? Digitale Konferenzen haben ihre Tücken, das weiß jede, die daran in den letzten Monaten teilgenommen hat.

„Virtuelle Meetings sind deutlich anstrengender als analoge und brauchen mehr Disziplin von jedem einzeln. Einfache Regeln strukturieren: sich ausreden lassen, nicht zu lange und ausschweifend reden usw. Ich empfinde auch eine Teilnehmerbegrenzung als besonders wichtig und hilfreich: Wer ist jetzt wirklich relevant für das Thema des Meetings? Und es macht Sinn, dass einer im Team die Moderation übernimmt, und zwar nicht die Führungskraft.“

(BW, Regionalmanager für ein Consulting Team in der IT-Branche)

„Schau mir in die Töpfe, Kleines!“:  Virtuelle Teamentwicklung – gemeinsam Kochen mal anders

Soweit die Tipps zu zwischenmenschlicher Kommunikation per (Video-)Call. Es ist und bleibt aber eine Herausforderung, Nähe aus der Ferne zu erreichen. Ich habe gute Erfahrungen mit Teambuilding-Veranstaltungen gemacht. Dabei müssen gar keine extravaganten Dinge passieren, gemeinsames Kochen beispielsweise ist immer enorm bereichernd. Während die Kollegin aus der HR den Koriander hackt und der Mitarbeiter vom Kreativ-Team den Kochwein entkorkt, kommt Privates viel leichter über die Lippen. Aber geht das auch virtuell? Klar doch! Tatsächlich ist es leicht umsetzbar. Inspiriert hat mich dazu COOKZU mit eat!berlin-Festivalleiter Bernhard Moser und radioeins-Moderator Daniel Finger. Hier wird so locker über Traminerhuhn und Seeteufelsaltimbocca gesprochen – das könnte man doch auch mal gemeinsam mit den Kollegen tun.

„Schreib es auf!“ – schriftlich kommunizieren

Gerade in Zeiten von Home-Office und Zusammenarbeit auf Distanz gewinnt die schriftliche Kommunikation an Bedeutung. Im Zuge dessen ist es besonders wichtig, klar und präzise zu schreiben. Daher rate ich Führungskräften dazu, ihre schriftliche Kommunikationsfähigkeit zu stärken. Oft sind es Kleinigkeiten, die über den Erfolg eines Projekttextes, eines Anschreibens oder selbst der schnellsten schriftlichen Kommunikationsform, einer E-Mail, entscheiden. Ich persönlich verlasse mich bei Feedback zu Texten gern auf die Expertise der Texterin meines Vertrauens, Natalie Fingerhut. Hier hole ich mir auch zwischendrin Tipps und Tricks zu gelingender Kommunikation.

„Das haben wir als Team geschafft!“ – über Erfolge sprechen

Wer gemeinsam einen Pitch beim Kunden erfolgreich gemeistert hat, ging früher vielleicht ins Restaurant ums Eck, um darauf anzustoßen. Was aber, wenn der Pitch digital stattgefunden hat und sich danach alle aus dem MS Teams-Meeting ausklinken? Ganz klar, dann braucht es ein virtuelles Extra-Meeting zum Feiern. Auch wenn hier nicht mit Mojito angestoßen wird, ist es wichtig, Erfolge zu thematisieren, denn sie schweißen zusammen. Und auch wenn etwas nicht hundertprozentig glatt gelaufen ist, ist dieser (virtuelle) Raum für Feedback von beiden Seiten höchst relevant. Wo sonst können die Kompetenzen der einzelnen Teammitglieder deutlich werden?

Machen Sie Ihr Team noch stärker, indem Sie das gemeinsam Erreichte zum Thema machen. Denn das macht nicht nur Ihre Mitarbeiter zufrieden!


Sie wollen mehr zu virtueller Führung erfahren? Dann lesen Sie gern auch die ersten vier Artikel meiner Blogserie zum Thema: „Von Home-Office zu Home-Office – Virtuell führen, eine Herausforderung mit Chancen“, „Du willst mehr Kompetenzen? Kriegst du! Virtuelle Führung im Unternehmen 2.0“, „Is this New Work? Wie durch eine Krise virtuelles Arbeiten Realität wird“ und „Von Videokonferenzen, Chat & Co: Softwarelösungen in der Praxis“.
Ich wünsche gute Unterhaltung und hoffentlich spannende Anregungen beim Stöbern.

Sind Sie neugierig geworden? Oder brauchen Sie Unterstützung zum Thema Coaching, in Veränderungsprozessen oder bei der Teamentwicklung? Schicken Sie mir gerne eine Nachricht.

* Liebe Leserinnen und liebe Leser! In meinen Blogtexten benutze ich abwechselnd die weibliche und männliche Form. Ich habe mich dafür entschieden, um den Lesefluss nicht durch *innen oder ähnliche Variationen des Genderns zu stören.

 

Von Videokonferenzen, Chat & Co.

Virtuelle Führung Softwarelösungen in der Praxis

Virtuell führen – wie kann das funktionieren? Welche Mittel gibt es, um miteinander in Kontakt zu sein, wenn kein Kontakt erlaubt ist? Wie funktioniert Zusammenarbeit auf Distanz? Als Executive Coach berate ich Führungskräfte aus den unterschiedlichsten Branchen. Mit einigen habe ich darüber gesprochen, welche Formen von Teamarbeit  sie während des Corona-Lockdowns gewählt haben. Ihre Tipps zu den funktionalsten Groupware-Lösungen fasse hier im vierten Teil meiner Blogserie „Virtuelle Führung“ zusammen – selbstverständlich ohne Anspruch auf Vollständigkeit.

 

Schön, dich zu sehen: Videokonferenzen

Was früher das Meeting war, ist heute die Videokonferenz. Damit kommen alle zumindest virtuell an einen Tisch. Aber welche Tools gibt es eigentlich und welche Erfahrungen wurden damit gemacht? Bei meinen Klienten* und mir waren Google meets, Microsoft Teams, Skype for Business, Go-to-Meeting, Slag und natürlich Zoom im Einsatz. Bei allen genannten Anwendungen ist auch während der Konferenz der Austausch über die Chatfunktion möglich.

Bei Google meets wurde die schnelle und unkomplizierte Möglichkeit für Videokonferenzen positiv hervorgehoben, ganz gleich, ob nur zwischen Mitarbeiterin und Vorgesetzter, im kleinen Team oder sogar bei großen Gruppen bis 250 Personen. Wer Microsoft Teams nutzt, kann in der Konferenzfunktion neun Teilnehmer gleichzeitig sehen; die Bilder wurden insgesamt als recht klein empfunden, was die Deutung nonverbaler Kommunikation erschwerte. Dennoch funktionierte es auch im internationalen Austausch gut, fand Verwendung mit externen Partnerfirmen, auch im asiatischen Raum.

Als zweite Option für formellere Konferenzen wurde GoToMeeting genannt, bei der ebenfalls mehrere Sprecher gleichzeitig angezeigt werden. Auch hier sind in der kostenpflichtigen Version bis zu 250 Teilnehmer möglich. Alle genannten Konferenz-Lösungen setzen voraus, dass ein Meeting vorher angemeldet wird und sich die Teilnehmer dann zuschalten.

Auch Zoom unterstützt hochauflösende Videokonferenzen und war meist für mich das Mittel der Wahl. Es lässt sich auch für virtuelle Teamarbeit oder Online-Trainings verwenden. Die monatliche Gebühr staffelt sich je nach Teilnehmeranzahl (bis zu 200), eine kostenlose Version ermöglicht 40-minütige Konferenzen. Der entscheidende Vorteil für mich war, dass Zoom einen sogenannten „Breakout-Room“ ermöglicht, eine Art virtueller Nebenraum, in den sich kleinere Gruppen zurückziehen können – enorm hilfreich, weil sich Punkte so schnell und unkompliziert zwischendrin klären lassen.

Slag bezeichnete eine von mir Befragte als ihr „Lieblingstool“ für interne Kommunikation. Es bietet eine sehr unmittelbare Kommunikation, hier wird immer nur der Sprecher angezeigt. Es funktioniere schnell und unkompliziert, und man muss nicht extra vorab einen Termin vereinbaren, sondern kann Kollegen auch spontan anrufen. Ein großer Pluspunkt, wenn schnell etwas von Angesicht zu Angesicht geklärt werden soll.

 

Zeig mir deine Ergebnisse: Shared Documents

Vor allem in den ersten Wochen des Lockdowns gaben viele meiner Klientinnen an, auf allen Kanälen bombardiert worden zu sein – via Mail, Chat, Telefon, Video, SMS und Handy. Schnell wurde klar, dass Optionen benötigt werden, um Dokumente besser abzustimmen, Präsentationen zusammen am Bildschirm zu bearbeiten und vieles mehr.

„Wir haben uns schnell bemüht, Struktur zu schaffen und mit Plattformen wie Sharepoint, One Drive und anderen agilen Methoden gearbeitet. Darüber lassen sich Dokumente nicht nur versenden, sondern auch aufbewahren und ordnen.“ (AH, Managerin aus der Logistikbranche)

 Wir haben gerade letztes Jahr komplett auf GSuite umgestellt und die Applikationen zur Kommunikation und Zusammenarbeit helfen jetzt ungemein. Insbesondere Google meets ermöglicht schnelle und unkomplizierte Videokonferenzen. Die Ablage von Dateien im GDrive schafft die Möglichkeit, gemeinsam und sogar gleichzeitig Dokumente zu bearbeiten, was die virtuelle Projektarbeit unterstützt. Wir haben auch schon Workshops durchgeführt unter Zuhilfenahme von virtuellen Whiteboards mit Microsoft Sticky Notes, um virtuelles Brainstorming durchzuführen.“ (VF, HR Managerin in der Luftfahrtindustrie)

 

Wir ziehen das durch: Tools zum Projektmanagement

Während Sticky Notes wie digitale Post-it-Zettel funktionieren, mit denen man sich jederzeit direkt auf dem eigenen Desktop Notizen machen kann, sind virtuelle Whiteboards beispielsweise von Microsoft Teams eine gute Möglichkeit, gemeinsame Gedanken festzuhalten, zu sortieren und zu strukturieren. Im Gegensatz zum physischen Meeting für ein Brainstorming schreiben hier alle mit – und es muss nicht einer als Schriftführer am Flipchart stehen. Eine weitere gute Option dafür ist Trello:

Wir haben gern Trello genutzt, um uns zu strukturieren. Projekte lassen sich in Einzelschritte, sogenannte Trello-Karten einteilen, und man sieht immer, was schon erledigt und was noch zu tun ist. Kommentare, Anhänge, Fälligkeitsdaten und vieles mehr lassen sich direkt an die Karten anhängen.“ (JF, Manager eines Import- und Handelsunternehmens)

 

Wir sind agil: Virtuelle Zusammenarbeit von morgen

Die Liste ist bei weitem nicht vollständig – und doch zeigt die Vielzahl der in diesem Artikel genannten Lösungen, dass die Tech-Welt schon lang für agiles Arbeiten bereit ist. Einige Software-Optionen wurden bereits vor Corona genutzt, dennoch zwang die Notsituation der Pandemie viele von uns, sich damit intensiver zu beschäftigen. Alle Befragten gaben an, künftig mehr davon zu nutzen und auch immer mal wieder Neues ausprobieren zu wollen. Na, dann: Auf ins agile Arbeitsleben!

 

Im Zuge meiner Tätigkeit als Dozentin an der FOM Hochschule für Ökonomie und Management habe ich mich intensiv mit virtueller Führung auseinandergesetzt. Als Executive Coach erlebe ich zudem täglich den praktischen Arbeitsalltag von Führungskräften. Corona hat sie alle vor ganz neue Herausforderungen gestellt: Digitales Arbeiten war mit einem Schlag Realität. Ich habe mit einigen von Ihnen zu den aktuellen Herausforderungen gesprochen und die Ergebnisse für diesen Blogserie gebündelt.

 In der nächsten und letzten Folge meiner Blogserie zum Thema „Virtuelle Führung“ fasse ich die Erfahrungen und Tipps zum Thema „Führung auf Distanz“ zusammen.

 

* Liebe Leserinnen und liebe Leser! In meinen Blogtexten benutze ich abwechselnd die weibliche und männliche Form. Ich habe mich dafür entschieden, um den Lesefluss nicht durch *innen oder ähnliche Variationen des Genderns zu stören.

 

Virtuelle Führung in der PraxisVeränderungen und Herausforderungen

Frithjof Bergmann, Urvater der New Work-Bewegung, entwickelte seine Theorie eines neuen Arbeitskonzepts vor über 40 Jahren. Fast 90-jährig landete er dann als Speaker auf Konferenzen und in großen Agenturen. Die Digitalisierung hatte seine Idee der persönlichen Freiheit von Arbeitnehmern wieder aktuell gemacht. Doch dann brachte eine Pandemie die Arbeitswelt dazu, New Work partiell tatsächlich zu praktizieren. Was aber sind die Herausforderungen dabei? Ich habe mit Führungskräften unterschiedlicher Branchen darüber gesprochen.

 

Her mit den Infos!

Eine grundlegende Neuerung ist die Verlagerung nicht nur strategischer, sondern auch operativer Tätigkeiten ins Home-Office. Wurden bisher die Stunden zu Hause hauptsächlich für Tätigkeiten genutzt, die Ruhe und Konzentration erforderten – z.B. die Erstellung von Konzepten –, fand plötzlich alles unfreiwillig in Isolation statt. Wie schafft man da Struktur?

Nahezu überall fanden tägliche virtuelle Meetings unter unterschiedlichsten Namen statt – vom morgendlichen „Daily Meeting“ über das „Daily Stand up“ bis zum „Check-in“: Man* brachte sich per Videokonferenz auf Stand, präsentierte Zwischenergebnisse, klärte schon auch mal Persönliches. Die meisten registrierten eine Erhöhung der Frequenz, aber eine tendenzielle kürzere Dauer bei Meetings.

„Die Frequenz der wöchentlichen Teammeetings per Videochat haben wir erhöht, da es in der aktuellen kritischen Business-Situation wichtig ist, sich sofort auf den neusten Stand zu bringen.“  (VF, HR Managerin in der Luftfahrtindustrie)

Was wegfiel und extrem vermisst wurde, war der schnelle Plausch in der Kaffeeküche. Die Informationen, die auf diesem Weg ganz nebenbei die richtigen Adressaten erreichten, gingen oft einfach unter. Lockere Formate wie das „Virtuelle Café“ oder der „Coffee Chat“ sollten Abhilfe schaffen, auf freiwilliger Basis auch Formate wie das „Virtuelle After-Work“ mit Wein und Bier. Ein wahres Revival erlebte die Chat-Funktion in Groupware, wie z.B. in MS Teams, da sich Fragen darüber schnell und unkompliziert klären ließen.

 

Und wo wird´s privat?

Was vielen Mitarbeiterinnen in der Coronakrise fehlte, war der private Austausch. Einige Führungskräfte sahen das Dilemma und schufen lockere Formate auf freiwilliger Basis. Im „Coffee Chat“ eines Unternehmens der Luftfahrtindustrie stand der Austausch über Persönliches im Vordergrund:

„In unserem Coffee Chat geht es nicht um die Arbeit, sondern wir tauschen uns aus, wie es jedem gerade in der Corona-Situation geht, lachen gemeinsam, geben Tipps zum Kochen für zuhause etc.“ (VF, HR Managerin in der Luftfahrtindustrie)

Nahezu alle interviewten Führungskräfte berichten von einer neuen Ebene des privaten Austauschs. Denn Kinderbetreuung oder die Pflege kranker Familienmitglieder war mit einem Schlag sehr viel komplizierter geworden und erschwerte so die Arbeitsbedingungen. Kurz: Themen die früher bei der Arbeit selten auf den Tisch kamen, fanden Raum – und ein offenes Ohr auf Führungsebene.

„Ich versuche, einen Perspektivwechsel zu machen und mich in meine Mitarbeiter hineinzuversetzen. Die non-verbale Kommunikation fehlt wirklich. Um eine Verbindung herzustellen bzw. zu halten, versuche ich, gemeinsame Themen zu finden, z.B. die Kinderbetreuung.“ (BW, Regionalmanager für ein Consulting Team in der IT-Branche)

Grundsätzlich sahen alle Befragten in der neuen Situation eine veränderte Balance zwischen Präsenz und Sich-Raushalten, Vertrauen und Nachhaken. Mindestens einmal pro Woche ein Telefonat mit jedem Mitarbeiter zu führen, erwies sich als guter Rhythmus, um sie weiterhin persönlich in ihrem Umfeld abzuholen.

„Führung sollte insgesamt weitreichender gesehen werden. Es ist wichtig, auf Balance zu achten zwischen Arbeit und der Familie mit Kindern oder Eltern, die man pflegen muss. Darüber zu sprechen: Wie kann man für sich selbst gut sorgen, gerade in dieser Zeit?“ (AH, Managerin aus der Logistikbranche)

 

Ja, ist denn heute schon „New Work“?

Der ursprüngliche New Work-Gedanke, wie ihn vor 40 Jahren Bergmann sah, ist also durch die Krise näher an uns herangerückt. Die Definition geht weit über den bisher gern gesetzten Fokus auf agiles Arbeiten und Home-Office hinaus und legt ein tieferes Verständnis von Führung zugrunde:

„Ich lege Wert darauf zu vermitteln: Ich nehme wahr, dass mein Gegenüber ein Mensch ist. Ganzheitlich auf die Situation zu gucken und Vertrauen zu haben.“ (JF, Manager eines Import- und Handelsunternehmens)

Letztlich haben alle befragten Führungskräfte die Krise als Chance für eine neue, persönlichere und bewusstere Form von Führung begriffen – trotz der Herausforderungen und Schwierigkeiten, die sie mit sich brachte.

 Im Zuge meiner Tätigkeit als Dozentin an der FOM Hochschule für Ökonomie und Management habe ich mich intensiv mit virtueller Führung auseinandergesetzt. Als Executive Coach erlebe ich zudem täglich den praktischen Arbeitsalltag von Führungskräften, spreche über Fragestellungen zu Haltung, Kommunikation, Techniken und Abläufen. Corona hat sie alle vor ganz neue Herausforderungen gestellt: Digitales Arbeiten war mit einem Schlag Realität. Ich habe mit einigen von Ihnen zu den aktuellen Herausforderungen gesprochen und die Ergebnisse für diesen Blogtext gebündelt.

 In der nächsten Folge meiner Blogserie zum Thema „Virtuelle Führung“ gebe ich Software-Tipps – alle praxiserprobt von meinen Interviewpartnern.

 

* Liebe Leserinnen und liebe Leser! In meinen Blogtexten benutze ich abwechselnd die weibliche und männliche Form. Ich habe mich dafür entschieden, um den Lesefluss nicht durch *innen oder ähnliche Variationen des Genderns zu stören.

 

Du willst mehr Kompetenzen? Kriegst du! Virtuelle Führung im Unternehmen 2.0

Das Konzept des „Open Leadership“ basiert auf gegenseitigem Vertrauen. Von der Führungskraft setzt das ein hohes Maß an Offenheit im Dialog und in der Beziehungspflege voraus. Mitarbeiterinnen* dürfen und sollen Kontrollaufgaben übernehmen, möglichst eigenständig arbeiten und entscheiden. Der Fachbegriff für dieses Führungskonzept wurde bereits 2010 mit vier Buchstaben auf den Punkt gebracht: Das HERO-Konzept steht für „Highly Empowered and Recourceful Operatives“ und spricht Mitarbeitern mit hoher Eigenständigkeit und ausgeprägten Kompetenzen neue Kontroll- und Koordinationsaufgaben zu.

Kurz: Bisher ging es um bewusste Gestaltung der Aufgabenerledigung. Das Web 2.0 hingegen macht weitgehend ungeplante und eigengesetzliche Entwicklung möglich. Die Selbststeuerungsfähigkeit von Teams wird erhöht.

 

Führung auf Vertrauensbasis

Virtuelle Führung hat also viel mit Loslassen zu tun. Gegenseitiges Vertrauen ist dabei unabdingbar. Mit Haltung führen – und das auch über digitale Distanz hinweg -, ist hier das Mittel der Wahl. Aber wie lässt sich das unter virtuellen Bedingungen ermöglichen und stärken? Die örtliche und zeitliche Distanz der Akteurinnen erschwert diesen Prozess schließlich erheblich. Gute Kommunikation, Empathie und Verständnis sind hier die Schlüsselwörter. In der Praxis gibt es einen gut nutzbaren Werkzeugkasten, um diese drei Faktoren zu stärken.

 

Ab aufs Spielfeld – wir werden ein virtuelles Team

Kick-off-Meetings funktionieren auch virtuell. Es stärkt die Teamentwicklung, gemeinsam Ziele und Erwartungen zu klären. Im weiteren Verlauf helfen regelmäßige (virtuelle) Treffen, um das Team in Fortschritte und Ideen mit einzubeziehen. Bei sogenannten „Check-ins“ lassen sich alle Teammitglieder auf Stand bringen sowie Aufgaben und Verantwortungen effizient verteilen. In Krisenzeiten wie diesen, in denen alle Mitarbeiter im Home-Office sitzen, hilft ein morgendlicher gemeinsamer „Check-in“ gut in den Tag. Wissenschaftlich sind Zusammenhänge zwischen der Häufigkeit von Interaktion und Mitarbeiterleistung übrigens nachgewiesen.

 

Der Coach in dir

Dass Führung im virtuellen Kontext viel mehr ist als Aufgabenverteilung, ist klar. Kommunikative Fähigkeiten wie Zuhören und Sondieren, um die Standpunkte der Teammitglieder zu verstehen, gewinnen an Bedeutung. Arbeitsfortschritte aus der Distanz zu kontrollieren, ist ein Kunststück, das Besonnenheit benötigt. Und seinen Mitarbeiterinnen genügend Freiraum zu lassen – insbesondere auch beim Thema Work-Life-Balance –, ist nicht einfach. Führungskräfte entwickeln sich im Unternehmen 2.0 immer mehr in Richtung Mentor und Coach.

 

Skype, Zoom, Mail oder Telefon?

Natürlich ist das persönliche Gespräch nicht zu toppen. Was also tun, wenn das Corona-bedingt nicht möglich ist? Ein schneller Griff zum Telefonhörer oder eine kurze E-Mail mag bei simplen Absprachen ausreichend sein. Was aber tun bei einem sensiblen Mitarbeitergespräch oder der Besprechung einer komplexen neuen Aufgabe? Hier ist die non-verbale Kommunikation ein essentieller Bestandteil des Gesprächs. In der derzeitigen Lage ist also tatsächlich immer die Videokonferenz ein probates Mittel.

 

Praktische Tipps, wie Sie sich als Führungskraft für die Herausforderungen der virtuellen Arbeitswelt wappnen, gibt´s nächste Woche im dritten Teil  meiner Blogserie „Virtuelle Führung“.

 

Literaturhinweise:

Bei der Vorbereitung meiner ersten Online-Vorlesung zum Thema „Virtuelle Führung“ an der FOM Hochschule für Ökonomie & Management, aus der heraus diese Blogserie entstanden ist, habe ich mich mit spannenden Impulsen folgender Autoren auseinandergesetzt:

Peter M. Wald, Lang, R., Rybnikova, I. (2014): Aktuelle Führungstheorien und -konzepte, Wiesbaden

Buhse, W. (2014). Management by Internet. Kulmbach: Plassen

 

* Liebe Leserinnen und liebe Leser! In meinen Blogtexten benutze ich abwechselnd die weibliche und männliche Form. Ich habe mich dafür entschieden, um den Lesefluss nicht durch *innen oder ähnliche Variationen des Genderns zu stören.

 

Von Home-Office zu Home-Office

Virtuell führen – eine Herausforderung mit Chancen

Den Begriff der virtuellen Führung gibt es nicht erst seit Corona. Bereits seit Anfang der 90er-Jahre findet sich der Begriff des „virtuellen Unternehmens“ in der wissenschaftlichen Literatur, 2000 kam die Formulierung „E-Leadership“ auf. In der aktuellen Situation jedoch wurde „digital Leadership“ nun aus seinem Nischendasein gerissen und wurde weltweit mit einem Schlag Realität. Was aber genau bedeutet das?

Zunächst einmal betrifft es die Weitergabe von Informationen. Alles, was zuvor ganz gezielt im Meeting oder auch nebenbei in der Kaffeeküche transportiert wurde, muss jetzt auf anderem Weg die Mitarbeiterinnen* erreichen. Auf Foren oder mittels spezieller Software lassen sich Inhalte bereitstellen und austauschen. Die Folge ist ein umfassenderer Zugriff auf Informationen und eine höhere Transparenz.

Die Vorteile liegen auf der Hand: Führungskräfte können schneller kommunizieren und dadurch leistungsfähigere Organisationen entwickeln. Andererseits entsteht auch ein massiver Druck, klar und gerichtet zu kommunizieren. Durch die Masse an E-Mails mag sich die eine oder der andere in Stresssituationen zu weniger überlegten Schritten hinreißen lassen.

 

Information für alle

Der modifizierte Zugriff auf Informationen führt auch zu veränderten Kontrollmöglichkeiten. Wie und wann Informationen verfügbar sind, öffentlich gemacht und letztlich abgerufen werden, lässt sich vom Unternehmen und dessen Führungskräften nicht mehr vollständig kontrollieren. Somit hängt es von der Initiative der Mitarbeiter ab, wann und wie Informationen, aber auch Meinungen und Einschätzungen im Internet oder Intranet öffentlich gemacht werden. Dieser mögliche Kontrollverlust ist der Ausgangspunkt zum Konzept der offenen Führung, zum Unternehmen 2.0. Ein neues Verhältnis zwischen Offenheit und Kontrolle entsteht.

 

So nah und doch so fern

Die nächste und größte Herausforderung im „Open Leadership“ liegt wahrscheinlich im Zwischenmenschlichen: Die Distanz zwischen Führungskraft und Mitarbeitern ist nicht nur räumlicher Natur, sondern besteht auch in sozialer und kultureller Hinsicht. Eine persönliche Beziehung auf Augenhöhe herzustellen, wird also noch herausfordernder. Wie lässt sich dieses Manko überbrücken? Eine Zoom-Konferenz ist eben noch lange kein Meeting oder Vier-Augen-Gespräch. Führungskräfte sehen sich somit weitaus stärker mit der Herausforderung konfrontiert, als Beziehungsmanagerin oder im Fachjargon „relationship manager“ gefragt zu sein.

Welche Fähigkeiten brauchen sie dazu? Neben der technischen Kompetenz, mit elektronischen Medien kommunizieren zu können, ist jetzt persönliche Kommunikation sehr wichtig, auch das Verständnis für auftretende Fehler. Um die entstehende Machtverschiebung zu akzeptieren, die eine offene Führung mit sich bringt, die Distanz zu überwinden und systematisch Vertrauen aufzubauen, braucht es eine ordentliche Portion sozialer und interkultureller Kompetenz. Wer sich hier stärkt und es schafft, seine Mitarbeiter auch in dieser schwierigen Situation ins Boot zu holen, nähert sich einem partizipativen Führungsstil.

Kreative Lösungen für Team-stärkende Maßnahmen auf Abstand in Zeiten wie diesen gibt es inzwischen erfreulich viele. Eine meiner Lieblingsideen ist beispielsweise das gemeinsame Kochen, wie Daniel Finger das bei seinen Live-Koch-Events unter dem Namen „cookzu“ zeigt!

Wie sich das Verhältnis zwischen Führungskräften und Mitarbeitern durch virtuelle Möglichkeiten weiter verändert, lesen Sie im zweiten Teil meiner Blogserie „Virtuelle Führung“.

 

Literaturhinweise:

Bei der Vorbereitung meiner ersten Online-Vorlesung zum Thema „Virtuelle Führung“ an der FOM Hochschule für Ökonomie & Management, aus der heraus diese Blogserie entstanden ist, habe ich mich mit spannenden Impulsen folgender Autoren auseinandergesetzt:

Peter M. Wald, Lang, R., Rybnikova, I. (2014): Aktuelle Führungstheorien und -konzepte, Wiesbaden

Buhse, W. (2014). Management by Internet. Kulmbach: Plassen

Foto: ©Frank Petzke – Grönland

* Liebe Leserinnen und liebe Leser! In meinen Blogtexten benutze ich abwechselnd die weibliche und männliche Form. Ich habe mich dafür entschieden, um den Lesefluss nicht durch *innen oder ähnliche Variationen des Genderns zu stören.

 

Tango Argentino als Inspiration für klaren Führungsstil

Kaum ein Tanz enthält so viel Improvisationspotenzial wie der Tango Argentino. Hier zählt, dass der Führende* zeigt, wo er hin will – und sich dabei doch empathisch in sein Gegenüber einfühlt.

Wer Führung lernen möchte oder sich Gedanken darüber macht, was Führung bedeutet, tut gut daran, eine Schnupperstunde im Tango Argentino zu besuchen. Denn besser als mit diesem Tanz kann man „Führung“ meiner Ansicht nach kaum erklären. Das stelle ich immer wieder fest, wenn ich in meine Tangoschuhe schlüpfe, um mit meinem Partner das Parkett zu erobern.

Woran das liegt? In erster Linie daran, dass die Partner erspüren müssen, was der bzw. die andere will. Kurz: Es geht darum zuzuhören, sich einzufühlen. Wenn ich ein neues Wort dafür kreieren sollte, würde ich „zufühlen“ statt „zuhören“ sagen. Der Tango Argentino ist überaus kreativ und kommunikativ, voll von Improvisationen, Schritten und Bewegungen, die im gemeinsamen Tun entstehen. Wie im wahren Leben müssen die Tanzenden reagieren, Ideen entwickeln, Lösungen finden, wenn Unvorhergesehenes passiert.

Beim Tango Argentino kann man – mit einem vergleichsweise kleinen Schritt- und Bewegungsrepertoire – immer wieder neue Figuren und gemeinsame Wege entdecken. Im Businessjargon würde man das als „Toolbox“ bezeichnen, eine Art Werkzeugkasten, mit dem man flexibel auf Situationen reagiert. Die Voraussetzung: Keiner tanzt einfach los, sondern man hört sich zu und kennt bzw. erspürt im Bestfall bereits den nächsten Schritt, den der andere macht.

Neben dem „Zufühlen“ ist die Klärung der Rollen essentiell. Entscheidet man sich für die Führung, muss man wissen, wo es hingehen soll. Man braucht eine Haltung, die der andere versteht, besser noch: fühlen kann. Wer führen möchte – ganz gleich, ob im Konzern oder auf dem Parkett, muss bei sich bleiben, eine innere Haltung zur Richtungsweisung entwickeln. Nur so weiß das Gegenüber, welcher Schritt als nächstes Sinn macht, welche Figur man als nächstes tanzt. Nur so entsteht Vertrauen. Es ist ein Dialog, bei dem man erspürt, was der bzw. die andere will, aber dennoch in jeder Sekunde ganz bei sich bleiben kann.

Ein guter, ein entschiedener Tangotänzer ist in meinen Augen das Idealbild einer Führungspersönlichkeit. Gute Führungskräfte versuchen ihre Mitarbeiter nicht von etwas zu überzeugen, ohne vorher auf sie eingegangen zu sein. Denn Scheuklappen sind mit Sicherheit das beste Mittel, um diejenigen zu verlieren, die einem eigentlich folgen sollten. Wer gut tanzt, ist bei sich und sendet doch gut verständliche Signale. Wer das dann noch mit Leidenschaft tut, kann sich ziemlich sicher sein, dass der Partner vertraut und mitgeht.

 

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