Rollenbilder von Mentor:in und Mentee*

Mentoring spielt eine essentielle Rolle für erfolgreiches Talentmanagement. Richtig eingesetzt legt es den Grundstein für tief involvierte neue Führungskräfte. Es kann aber nur funktionieren, wenn gewisse taktische Grundvoraussetzungen beachtet werden. Zunächst gilt es, das perfekte „Match“ aus Mentorin und Mentee zu finden, beide gut vorzubereiten und sie dabei zu unterstützen, beim ersten Treffen den Prozess, die für sie passenden Richtlinien und Prinzipien gemeinsam zu definieren. In dieser Anfangsphase ist es zudem wichtig, dass beide Beteiligten ihre Erwartungen an die kommende Beziehung klar formulieren. Die Personalabteilung kann den Prozess punktuell begleiten und unterstützen.

Der frische Blick des Mentees

Es hat sich bewährt, dass der Mentee den Prozess strukturiert und in die Entwicklungsplanung eingebunden ist. Aktives Zuhören, die Vorbereitung effizienter Fragen für die Treffen und das Erstellen eines Ergebnisprotokolls im Anschluss führen zu hohem Involvement in den Mentoring-Prozess. Eine Person, die ein Mentoring in Anspruch nimmt, sollte bereit sein, Feedback anzunehmen und sich herausfordern zu lassen. Dann wird sie von dem professionellen und persönlichen Support sowie dem Erfahrungsschatz ihres Mentors besonders profitieren. Bestenfalls gewinnt sie dauerhafte Unterstützung für die langfristige Karriere im Unternehmen.

Die Rolle des Mentees ist aber auch, bestehende Arbeitsweisen mit offenem Blick zu hinterfragen und zu analysieren, womöglich andere Referenzen mit einzubringen und zu teilen, ohne dabei die eigene Entwicklung aus dem Fokus zu verlieren.

Kommunikatorin, Karrierecoach, Promoterin: Die Rollen der Mentorin

Neben der Integration des Mentees sowie der Unterstützung eines tieferen Verständnisses der Unternehmenskultur und -struktur bietet die Mentorin Unterstützung und stellt die richtigen Fragen zur rechten Zeit, um Denkprozesse ihres Gegenübers anzuregen. Ihr kritischer Blick bezüglich der Lücke zwischen Erfahrung und Fähigkeiten ist für den Mentee wichtiger Motor. Er unterstützt beim strategischen Denken, macht unterschiedliche Optionen offensichtlich, hilft dabei, Ziele zu setzen und informierte Entscheidungen zu treffen. Dazu zählt auch, dass es dem Mentee jederzeit möglich sein sollte, sich vertrauensvoll an seine Mentorin zu wenden. Als Karrierecoach fungiert sie zudem als potenzielles Rollenvorbild. Mit ihrer Hilfe lassen sich für den Mentee Kontakte ins Unternehmen schaffen und sein Netzwerk erweitern.

Gut geführtes Mentoring: Eine Win-win-Situation

Sind die oben genannten Voraussetzungen erfüllt, wird die Beziehung erfahrungsgemäß eine positive Herausforderung und Bereicherung für beide Seiten mit sich bringen. Führungskräfte und Topmanagement geben Wissen und Erfahrung weiter, werden in die Entwicklung von Talenten eingebunden und können die eigenen Führungsqualitäten weiterentwickeln. Die „frische“ Sichtweise ihres Mentees bereichert ihre tägliche Arbeit und bringt eine Erweiterung des internationalen Netzwerks im Unternehmen mit sich. Viele Beispiele aus meiner Praxis und die aktuelle Forschung belegen die positiven Effekte dieses gewinnbringenden Konzepts.

Hat der zweite Blogbeitrag zum Thema „Mentoring“ im Rahmen meiner Talentmanagement-Serie spannende Impulse für Ihr Unternehmen geliefert? Das freut mich. Falls Sie weitere Fragen haben, sprechen Sie mich gerne an!

* Aufgrund der einfacheren Lesbarkeit habe ich mich bei diesem Text gegen eine klassische Variante des Genderns und dafür entschieden, die Rollenbilder anhand einer weiblichen Mentorin und eines männlichen Mentees darzustellen.

Foto © Pexels-Andrea-Piacquadio

Brückenschlag zwischen Top-Management und jungen Talenten

Ein Teams-Call am Nachmittag. Fiona ist im Home-Office und grinst in die Kamera, als Isabelle sich zuschaltet. Sie hat große Neuigkeiten: Ihre Scrum-Master-Zertifizierung hat sie mit Auszeichnung abgeschlossen. Dass sie diese absolviert hat, ist durch die Initiative von Isabelle entstanden, ihrer Mentorin, Head of E-Commerce in einem wachsenden Software-Unternehmen. Die beiden sind seit fast einem Jahr ein Mentoring-Paar. Isabelle unterstützt Fiona bei ihrer Entwicklung, begleitet sie in Entscheidungen und beantwortet Fragen. Aber auch sie profitiert von der Beziehung der beiden, hat bereits einige ihrer Prozesse durch Fionas frischen Blick angepasst und zum Wohl ihrer Abteilung verändert. Zudem kann Isabelle sich Fiona als Nachfolge einer Kollegin aus dem Management, deren Beförderung bald ansteht, gut vorstellen.

So oder ähnlich spielen sich viele Mentoring-Prozesse ab, die ich bisher begleitet habe. Der Fall von Fiona und Isabelle zeigt, wie ein gelungener Austausch zwischen Mentor:in und Mentee aussehen könnte. Über meine Kunden höre ich von vielen Erfolgsgeschichten, nachdem wir Mentoring als Teil des Talent Managements in ihren Unternehmen etabliert hatten. Denn Mentoring ist ein Entwicklungswerkzeug von unschätzbarem Wert. Es bringt Generationen in fruchtbaren Dialog, garantiert Wissenstransfer über direkte Unternehmenshierarchien hinweg und bringt Erfahrungsaustausch auf eine neue, direkte und – bestenfalls – partnerschaftliche Ebene. Mentor:in und Mentee lernen voneinander, und das gegenseitig. Ein frischer Blick auf Abläufe, Strukturen und Wissen ist auch für Führungskräfte besonders wertvoll.

Wissen, Unternehmenskultur und Motivation für die Führungsriege von morgen

Die Forschung zeigt, dass Mentoring die Unternehmenskultur positiv beeinflusst und das Fundament für eine neue, inhaltlich tief involvierte Führungsebene legt. Dadurch ist es ein wichtiger Baustein für Talent- und Führungskräfteentwicklung. Strategisches Denken und ein gemeinsames Mindset entstehen hier ebenso wie außergewöhnliche persönliche Bindungen. Junge Talente lassen sich darüber auffallend gut motivieren, in ihrer Entwicklung begleiten und ans Unternehmen binden. Die Top-Management-Ebene lernt darüber ihre Führungskräfte von morgen kennen und wird stark in deren Entwicklung eingebunden. Zudem fördert es das Engagement für Diversität im Unternehmen.

Wenn Mentoring gelingt, kann es sich zu einer echten Lern-Partnerschaft entwickeln, die zukünftigen Führungskräften tiefe Einblicke in die Unternehmensorganisation bietet, die persönliche Entwicklung fördert und neue Fähigkeiten vermittelt. Sie bietet Mentees die Freiheit, ihre eigenen Lösungsansätze unter Begleitung von Profis und Expert:innen zu entwickeln. Ehrliches und offenes Feedback lässt sich hierbei auf einer außergewöhnlichen Vertrauensebene transportieren. Durch Mentoring wird zudem die Entstehung eines breiten und internationaleren Netzwerks im Unternehmen vorangetrieben.

Wie lässt sich Mentoring im Unternehmen erfolgreich etablieren?

Zunächst gilt es, in Zusammenarbeit mit der Personalabteilung vielversprechende Mentoring-Paare zusammenzubringen. Im Idealfall ist die Zusammensetzung abteilungs-, länder- und funktionsübergreifend. Steht die Konstellation fest, wird der/die Mentor:in über den Entwicklungsstand und die Bedürfnisse des Mentees informiert. Beim Kennenlernen legen beide gemeinsam Ziele, Regeln und Umstände ihres individuellen Prozesses fest. Für alle weiteren Treffen sollte bestenfalls der/die Mentee initiativ und proaktiv verantwortlich sein. Sie finden über höchstens zwölf Monate hinweg regelmäßig live oder als Video-Call statt. Die HR-Abteilung begleitet den Prozess dabei in Abstimmung mit beiden Partnern. Läuft das Programm erfolgreich, ist es für beide Seiten ein bereichernder und gewinnbringender Auftakt für neue Einblicke – im Unternehmen und auf persönlicher Ebene.

Mentoring könnte ein interessanter Ansatz für Ihr Unternehmen sein? Dann lesen Sie den nächsten Teil meiner Blogserie zum Thema, in dem ich die Beziehung und Rollenbilder dieses Prozesses näher beleuchte. Oder wollen Sie nicht so lange warten? Dann lassen Sie uns zusammen überlegen, wie wir ein passendes Mentoring-Konzept für Ihr Unternehmen entwickeln können.